Neue Stromleitungen für die WEG: Sonder- oder Gemeinschaftseigentum?

Wenn in einer Anlage mit Eigentumswohnungen die Stromleitungen erneuert werden sollen, ist die Frage auf der Tagesordnung, ob es sich bei den Leitungen um Gemeinschafts- oder Sondereigentum handelt. Der Bundesgerichtshof hat dazu entschieden: Die Kabel sind Gemeinschaftseigentum – selbst dann, wenn in der Teilungserklärung das Gegenteil stehen sollte.

Wenn in einer Anlage mit Eigentumswohnungen die Stromleitungen erneuert werden sollen, ist die Frage auf der Tagesordnung, ob es sich bei den Leitungen um Gemeinschafts- oder Sondereigentum handelt. Der Bundesgerichtshof hat dazu entschieden: Die Kabel sind Gemeinschaftseigentum – selbst dann, wenn in der Teilungserklärung das Gegenteil stehen sollte.

Berlin. In einer Wohnungseigentumsanlage sind die Wohnungsstromzähler im Keller des Gebäudes installiert. Die Stromleitungen zu den Wohnungen wurden im Treppenhaus verlegt. In den jeweiligen Etagen befinden sich die Elektrounterverteilungen der einzelnen Wohnungen. Die Teilungserklärung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bestimmt, dass an den gesamten Elektroleitungen ab der Stelle nach dem Wohnungsstromzähler im Keller Sondereigentum besteht.

Wenn in einer solchen Konstruktion die Leitungen erneuert werden müssen, dann ist dafür – ungeachtet der anderslautenden Regelungen in der Teilungserklärung – die Gemeinschaft zuständig. Der Grund: Die Leitungen bilden ein der Bewirtschaftung und Versorgung des gesamten Gebäudes dienendes Netz und stellen damit eine Anlage im Sinne von § 5 Absatz 2 WEG dar.

Am zwingenden Gemeinschaftseigentum ändert Teilungserklärung nichts

Grundsätzlich ist die Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft die „Verfassung der Gemeinschaft“. Die Klauseln haben in der Regel Bestand, auch wenn sie vom Gesetz abweichende Regelungen beinhalten. Das Wohnungseigentumsgesetz ist so gestaltet, dass die Eigentümer in vielen Belangen für ihre Anlage passende Regelungen treffen können. Bei der Bestimmung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum ist jedoch Vorsicht geboten.

Denn zwingendes Gemeinschaftseigentum kann nicht – auch nicht per Teilungserklärung – zu Sondereigentum gemacht werden (§ 5 Absatz 2 WEG). Zwingendes Gemeinschaftseigentum sind nach dem Gesetz Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen. Das gilt auch, wenn sie im Bereich des Sondereigentums liegen.

Die Zuordnung von Leitungen war lange umstritten. Der Bundesgerichtshof hat letztinstanzlich mit Urteil vom 26. Oktober 2012 (Az.: V ZR 57/12) entschieden: Soweit sich Leitungen im räumlichen Bereich des Gemeinschaftseigentums befinden, sind sie – selbst wenn faktisch eine Aufteilung nach Wohnungen möglich ist – rechtlich als Einheit anzusehen. Sie stellen damit eine Anlage im Sinne von § 5 Absatz 2 WEG dar.

Es verhält sich faktisch wie mit einem Teil des Treppenhauses, welches nur den Zugang zu einer Sondereigentumseinheit gewährleistet. Dieser Teil des Treppenhauses bleibt trotzdem als Einheit mit dem übrigen Treppenhaus zwingendes Gemeinschaftseigentum.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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